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Der perfekte Moment: Wie die Erntezeit den Charakter deines Weins prägt
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Stell dir vor, du pflückst eine reife, sonnenverwöhnte Traube direkt vom Rebstock. Ihr Saft ist süß, ihr Aroma intensiv. Doch was wäre, wenn sie eine Woche früher oder später geerntet worden wäre? Genau dieser Moment, die Lesezeit, entscheidet mit über das Schicksal eines Weins – über seine Frische, seine Kraft und seine Eleganz.
Frühe Ernte: Frische & Eleganz
Wird die Traube früh gelesen, bewahrt sie ihre knackige Säure und ein frisches Aromenspektrum. Besonders für spritzige Weißweine wie Riesling oder Sauvignon Blanc ist das essenziell. Du schmeckst Noten von grünem Apfel, Zitrusfrüchten und oft eine kühle Mineralität. Der Alkoholgehalt bleibt moderat, die Struktur leichtfüßig und lebendig.
Auch für Sekt und Schaumwein ist eine frühere Ernte essenziell, nicht nur für die hohe Säure und den geringen Zuckergehalt, sondern um weiterführend die zweite Gärung in der Flasche zu gewährleisten. Denn diese ist es, die dem Sekt seine geliebte Perlage verleiht.
Späte Ernte: Kraft & Fülle
Lässt man die Trauben länger hängen, steigt ihr Zuckergehalt – und damit auch der spätere Alkoholgehalt des Weins. Gleichzeitig entstehen vollmundige, opulente Aromen: reife Pfirsiche, Honig, exotische Früchte oder sogar Rosinen. Besonders Rotweine wie Merlot oder Spätburgunder profitieren von dieser Reife. Sie werden geschmeidiger, komplexer und oft tanninreicher.
Edelfäule & Eiswein: Magie durch die Natur
Warten Winzer noch länger, kann sich die sogenannte Edelfäule (Botrytis cinerea) entwickeln – ein Pilz, der Wasser entzieht und so die Aromen konzentriert. Das Ergebnis sind legendäre Süßweine wie Trockenbeerenauslesen oder Sauternes. Und dann gibt es noch den Eiswein: Die Trauben bleiben bis in den Winter am Stock, nehmen den ersten Winterfrost mit und werden bei kalten Temperaturen geerntet. Besonders an der Mosel warten Winzer oft bis in den Dezember, um ihre Trauben zu ernten. So entstehen Weine von kristalliner Reinheit mit intensiver Süße.
Die Ernte und das Wetter
Das Wetter ist ein entscheidender Faktor bei der Wahl des optimalen Erntezeitpunkts. Ein unerwarteter Regenschauer kann die Beeren mit Wasser vollsaugen und den Zuckergehalt verwässern, während anhaltende Hitze die Trauben dehydrieren lässt und die Säure abbaut. Daher müssen Winzer*innen das Wettergeschehen genau beobachten und oft kurzfristige Entscheidungen treffen, um ihre Trauben in bestmöglicher Qualität zu lesen.
Fazit: Timing ist alles
Die Erntezeit ist eine der größten Stellschrauben im Weinbau. Ein paar Tage Unterschied können über Stil und Qualität entscheiden. Winzer müssen genau abwägen: Möchten sie Frische oder Fülle? Struktur oder Opulenz? Am Ende ist es ein Balanceakt zwischen Natur, Erfahrung und Intuition – und genau das macht Wein so faszinierend.
Also, beim nächsten Glas: Denk daran, dass jede Nuance in deinem Wein das Ergebnis eines perfekt gewählten Moments ist. Santé!